8. März 2017 |

Single Parent – wir sind viele, es muss sich was ändern

Teresa Arrieta Porträtvon Teresa Arrieta

Was ich mir für alle Löwenmamas und Löwenpapas, alle single parents anlässlich des Frauentags wünsche:

Als single Löwenmama von 3 Kindern wünsche ich mir: Zu allererst Wertschätzung für die gigantische Leistung, Kinder zu erziehen in einer Zeit, die hauptsächlich auf Arbeitseffizienz ausgerichtet ist. Wertschätzung für die unsichtbare Arbeit, die im Haushalt, bei der Kinderbetreuung, bei der Pflege vollbracht wird. Diese Wertschätzung sollte jedoch nicht bei einem Schulterklopfen aufhören, sondern sich in Gesetzen ausdrücken, die Alleinerziehende unterstützen.

Single Parents brauchen Geld

Die Alimentezahlungen des getrennten Elternteils sollten erhöht werden, denn 18% reichen in den meisten Fällen nicht, um die tatsächlichen Lebenserhaltungskosten eines Kindes abzudecken. Auch nicht mit Familienbeihilfe. Wenn der Vater nicht zahlungswillig ist und hier immer wieder Anträge auf Herabsetzung des regulären Alimentebeitrags stellt, kann es mitunter Jahre dauern, bis die single Mama überhaupt Geld erhält. Das bedeutet Armut. Als Medientrainerin für die Österreichische Plattform für Alleinerziehende kenne ich viele solche Fälle, die beispielsweise mit 30 EUR monatlich auskommen müssen, oder gar nichts bekommen – auch keinen staatlichen Unterhaltsvorschuss. Ich selbst war fünf Jahre lang so ein „Fall“ mit Kindern, prekären Jobs im Journalismus und ohne jegliche finanzielle Hilfe. Erst als ich nach Klosterneuburg gezogen bin, hat ein verständnisvoller Rechtspfleger das geltende, flexibel auszulegende Recht freundlicher interpretiert und mir Unterhaltsvorschuss zugesprochen.

Armutsgefährdung für Kinder

Wir sind viele. Hier die in Zahlen gegossene gesellschaftliche Lage: 296.000 Einelternfamilien lebten laut Statistik Austria 2015 in Österreich. Zu 93 Prozent sind Mütter die Alleinerziehenden. Alleinerziehende sind mit 42 Prozent zudem jene Bevölkerungsgruppe, die am stärksten von Armut betroffen oder gefährdet sind, in Armut abzurutschen. Kinder und Jugendliche von Alleinerzieherinnen sind zudem mehr als doppelt so oft armutsgefährdet. Mehr als jedes zweite Kind (54 Prozent) bekommt zu wenig Unterhalt, fast jedes fünfte Kind (18 Prozent) gar keinen. Die Regelbedarfssätze, jene Beträge, die für in Österreich lebende Kinder als durchschnittlicher Aufwand im Monat errechnet wurden, sind Richtsätze ohne jede Verbindlichkeit. Sie liegen je nach Alter zwischen 200 und 500 Euro. De facto gibt es nach unten keine Grenze: Unterhaltsbemessungen von null bis 20 Euro sind in der Praxis nicht unüblich. (Quelle: ORF online)

Väter sollen sich stärker einbringen – oder zahlen

Es wäre schön, wenn Väter die Betreuung der Kinder mit der Mutter gerecht und harmonisch teilen – dann macht auch das neue Modell Doppelresidenz Sinn. Aber leider kenne ich fast nur Väter, die ihre Kinder nicht so häufig betreuen möchten. Vielleicht sollten Anreize auch für die Väter geschaffen werden, dass mehr Väter ihren Anteil an Betreuung übernehmen. Die Betreuungslast bleibt derzeit meist an der Mama hängen, das ist schwierig denn man muss ja gleichzeitig Vollzeit arbeiten, um seine Kinder zu erhalten. Väter, die ihren Betreuungspflichten nicht ausreichend nachkommen, sollten verpflichtet werden, mehr zu zahlen, etwa um Babysitterkosten oder Haushaltshilfe abzudecken. Ich gratuliere allen Löwenpapas, die hier Halbe Halbe machen.

Kranke Kinder – Mama braucht Entlastung

Besonders akut ist es im Krankheitsfall des Kindes. Da brauchen die Kinder Mama oder Papa. Die psychische Belastung ist groß wenn die Krankheit fortdauert, die Nächte sind oft schlaflos wenn das Kind fiebert, hier braucht eine single Löwenmama dringend Entlastung. Der Papa sollte hier phasenweise übernehmen. Viele getrennte Papas wollen aber nur ein gesundes Kind betreuen. Die Mama kann aber der Arbeit meist nicht so lange fortbleiben. Gut ist es, wenn es große Geschwister oder aktive Omas gibt, die hier einspringen. Mein heute 14jähriger Sohn ist in den letzten Jahren zur Ersatzmama für meine fünfjährige Tochter mutiert, er hat schon früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen und ist großartig.

Flexible Arbeitszeitmodelle

Arbeitgeber sollten flexiblere Arbeitszeitmodelle schaffen, damit Mamas im Krankheitsfall oder wenn die Mama einfach bloß beim Kind sein möchte, auch von zu Hause arbeiten kann. Wenn unsere Gesellschaft möchte, dass Löwenmamas oder Löwenpapas ihre Kinder gut und entspannt alleine erziehen, sodass es den Kindern gut geht, sodass für ihre Ausbildung und somit für die Zukunft unserer Gesellschaft gut gesorgt ist, dann sollte es mehr Geld für Single Familien geben – etwa auch für Nachhilfe. Ich wünsche mir außerdem für alle Eltern mehr Kindergärten mit Ganztagsbetreuung – auch in Klosterneuburg und den Katastralgemeinden – und Schulen, die kostenlose Nachhilfe in guter Qualität im Rahmen des Nachmittagshorts anbieten.

Sport und Kultur für Einkommensschwache

Für Klosterneuburg wünsche ich mir: mehr schöne Spielplätze, denn der Spielplatz meiner Heimatgemeinde Kritzendorf ist ein Hohn. Ich wünsche mir mehr Radwege und einen weiteren Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in Klosterneuburg. Ich wünsche mir, dass Sportvereine, die von der Gemeinde gefördert werden, kostenreduzierte Plätze für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen anbieten – darunter sind viele single Familien. Einrichtungen wie das günstige Anrufsammeltaxi stellen eine soziale Maßnahme für Jugendliche und Familien ohne Auto dar, diese Einrichtung sollte ausgebaut werden. Ich wünsche mir für Klosterneuburg einen weiteren Ausbau der Sommerangebote für Kinder und hochqualitative Camps mit Kostenreduktion für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen. Es geht um gesellschaftliche Teilhaben an Kultur und Sport! Es sollte auch viel mehr schöne und günstige Gemeindewohnungen mit guter Wohnqualität geben.

Teilzeit-Führungsjobs wie in Skandinavien

Ich wünsche mir weiter gut bezahlte Teilzeitjobs. In skandinavischen Ländern sind Führungsjobs in Teilzeit normal. Auch Frauen mit Kindern sollten Karriere machen können, ohne dass die Kinder ihre Mama ständig vermissen.

Die Arbeitskultur sollte sich grundlegend ändern. Alles ist auf Effizienz, Schnelligkeit, Hochleistung ausgerichtet. Das ist ungesund für uns alle – die Gewinne der Firmen steigen aber die Menschen werden körperlich und seelisch krank. Ein 12 Stunden Tag wie derzeit diskutiert ist aus Elternperspektive Wahnsinn. Die Welt darf sich nicht um den Wunsche der Betriebe nach noch mehr Profit drehen, sondern unser Wirtschaftssystem muss am Wohlergehen der Menschen – insbesondere der Kinder – ausgerichtet sein. Vor einigen Jahrzehnten noch war der Leistungsdruck weniger hoch, die Mieten und Lebenserhaltungskosten waren niedriger und die Wirtschaft hat auch funktioniert. Wieso haben wir es zugelassen, dass wir das Wohlergehen der Menschen und die Ausgeglichenheit der Kinder hintenan stellen?

Und noch ein Ansatz: alles, was ich mir für alleinerziehende Mamas wünsche, gilt natürliche ebenso für alleinerziehende Väter. All jenen Getrennten, die sich die Betreuung der Kinder gerecht teilen, gratuliere ich.

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