Die Schulstraße ist kein neues Instrument für Verkehrsplaner:innen. Schon mit der 33. StVO Novelle vom 1. Oktober 2022 (BGBl Nr. 122/2022) ist diese mit einem Verkehrsschild und den technischen Beschreibungen ein fixer Bestandteil der Verkehrsverordnung. In anderen Gemeinden und vor allem in Wien hat man damit viele gute Erfahrungen gemacht. In Klosterneuburg gibt es derzeit kein Schulstraße!
Was ist eine Schulstraße? In diesem gesondert gekennzeichneten Straßenbereich im direkten Umfeld von Bildungseinrichtungen für Kinder und zeitlich eingeschränkt (abgestimmte Beginn- und Endzeiten zur An- und Abreise der Kinder) ist die Straße für den Durchzugsverkehr gesperrt. Damit soll die Sicherheit am Schulweg gefördert werden. Die Kinder sollen ein gewisses Stück geschützt zu Fuß, mit dem Rad, dem Scooter oder dem Skateboard (der sogenannten “aktiven Mobilität”) zurücklegen können. Das fördert den sozialen Austausch und Zusammenhalt untereinander, die körperliche und geistige Gesundheit und Aktivierung aller Sinne, das Selbstbewusstsein, sich zumindest “ein gewisses Stück” des Schulweges selbstbestimmt im öffentlichen Raum mit genügend Platz zu bewegen. Nur Einsatzfahrzeuge und öffentlicher Verkehr dürfen durchfahren. Anrainer:innen dürfen mit Schrittgeschwindigkeit zu- und abfahren. Der Straßenabschnitt darf in der verordneten Zeit (angedacht war für die Hermannstraße eine Zeitspanne an Schultagen von 7:30 bis 8:15 Uhr) mechanisch durch Scherengitter, Poller oder Schranken abgesperrt werden. Außerhalb der Zeiten als Schulstraße ist die Fahrbahn eine allgemeine Straße, in der die restlichen Bestimmungen der StVO gelten. Neu ist, dass mit der 35. StVO Novelle solche Entscheidungen in den eigenen Wirkungsbereich” der Gemeinden fallen. Ab 1.7.2024 können somit die lokalen politischen Entscheidungsträger:innen (wie Bürgermeister:innen) beschließen und verordnen, ob eine Gemeindestraße eine Schulstraße wird oder nicht.
Nach einer fundierten Eingabe bei der BH-TU durch ein Elternpaar aus der Hermannschule wurde in den Sommerferien ohne Beisein der Schulvertretung wie Direktion oder Lehrervertreter:in einer Verhandlung und anschließender Begehung durch den Sachverständigen und die BH-TU der Ball der Entscheidung wieder an Gemeinde und ihre politischen Vertreter:nnen zurückgespielt.
Als Verkehrsstadtrat von Klosterneuburg und Vorsitzender des Beratungsgremiums (des Mobilitäts- und Verkehrsausschusses) unterstütze ich die Bemühungen, eine Schulstraße einzurichten, vollinhaltlich. Aber leider wagt die regierende ÖVP diesen Schritt nicht. Auch wenn das kleine Straßenstück nur für bestimmte Tageszeiten und nur an Schultagen für den privaten Durchzugsverkehr gesperrt werden soll, will die ÖVP mit so einer Maßnahme die Autofahrer:innen nicht verärgern. Obwohl es zum Wohl der Kinder ist und sicherheitstechnisch Sinn machen würde, kann die ÖVP nicht über ihren Schatten, den Autofahrer:iInnen alles recht machen zu wollen, springen. Das Auto braucht scheinbar weiter allzeit freie Fahrt durch Klosterneuburg – sehr unverständlich in Zeiten wie diesen. Dabei könnten zwei durch den ÖVP-Bürgermeister verordnete Schilder in der Hermannstraße vor der Volks- und er Mittelschule und dem bald fertig sanierten Kindergarten Marktgasse eine wesentliche Verkehrsentlastung in den Morgenstunden und einen Mehrwert an Sicherheit generieren. Eine zielführende Diskussion wurde im zuständigen Ausschuss mit den üblichen Totschlag-Argumenten wie ein fehlendes Verkehrskonzept und unerwünschte Verkehrsverlagerungen verunmöglicht und die Bemühungen für eine Schulstraße mit Gegenstimmen zunichtegemacht.
Stattdessen gibt es eine medial angekündigte und vermutlich viele 10.000 Euro teure Plateau-Anhebung an der Ecke Markgasse und Hermannstraße. Die Medien haben schon vor der Ausschuss-Entscheidung darüber berichtet.
Somit wieder Verkehrspolitik für Autofahrer:innen und nicht für die Schwächsten im Straßenverkehr! Damit ist leider wieder einmal ein großes Anliegen der PUK, nämlich den motorisierten Individualverkehr im Bereich von Schulen zumindest zeitlich zu reduzieren und den Kindern einen angemessenen und fairen Platz im öffentlichen Raum zu geben, gescheitert. Aber wir geben nicht auf und fordern gleichberechtigte aktive Mobilität für ALLE.
Eine gute Entscheidungshilfe ist in der ÖGZ 9/2024 Seite 30+31 nachzulesen: ÖGZ Beitrag Schulstraße 9/2024
http://Eine Schulstraße im Zentrum von Klosterneuburg – warum tut sich die ÖVP damit so schwer?
Weitere Literatur:
Amtsblatt KLBG (siehe Seite 1 und 5) Sicherheit für Kinder: AB_07_24_lowres