Von Verkehrsstadtrat Johannes Kehrer.
Eine Klosterneuburger Delegation mit PUK-Verkehrsstadtrat Johannes Kehrer begibt sich auf Architekturreise in die Schweiz, um fürs zukünftige Pionierviertel Best-Practice-Beispiele zu begutachten.
Vergangene Woche reiste eine Klosterneuburger Delegation bestehend aus Politikern und BeamtInnen der Stadtgmeinde, begleitet von Vertretern des Stiftes Klosterneuburg in die Schweiz, um Fallbeispiele erfolgreicher Stadtentwicklung zu begutachten und zu verstehen.
Französisches Viertel begeistert
Zeitig am Donnerstag ging es mit dem Frühflug nach Zürich, von wo der Bustransfer die Gruppe zunächst ins deutsche Tübingen führte. Unter der Führung des zuständigen Stadtplaners wurde das „französische Viertel“ begutachtet – just jenes Viertel, das Stadtrat Johannes Kehrer vor über zwei Jahren, zu Beginn des Planungsprozesses für das Kasernenareal, als Vorbild dem Bürgermeister und den anderen politischen Fraktionen vorstellte. Dieser Impuls damals stellte den Anfang des bisher so vielversprechenden Prozesses für das „Pionierviertel“ dar. Das französische Tübinger Viertel aus den 80er Jahren, ein Paradebeispiel moderner Stadtplanung, weist einige Gemeinsamkeiten mit dem Masterplan für das Pionierviertel auf. Die zentrale Sammelgarage hält den Autoverkehr (ausgenommen Zulieferverkehr) aus dem Viertel fern, Wege von und zum Auto müssen zu Fuß im Viertel zurückgelegt werden, wodurch die Straßen belebt sind und ein soziales Miteinander forciert wird. Nachteilig war jedoch die Trennung von Gehsteig und Fahrbahn, eine Praxis, die in den nachfolgenden, moderneren Entwicklungsgebieten nicht mehr angewendet wurde.
Alte Weberei – brandneu und eindrucksvoll
Ebenfalls in Tübingen, einer Stadt mit einer Vielzahl richtungsweisender Stadtentwicklungsprojekte, wurde anschließend das brandneue Viertel „Alte Weberei“ besichtigt: ein Stadtentwicklungsgebiet auf dem Gelände einer alten Textilfabrik, hochwassergefährdet in unmittelbarer Flussnähe. Das Viertel glänzte durch abwechslungsreiche Architektur (unterschiedliche Architekten scheinen ein Schlüsselkriterium zu einem abwechslungsreichen Stadtteil zu sein) und niveaugleichen Verkehrsräumen. Die Parkierung in diesem Viertel wurde entgegen dem Willen der Stadt hauptsächlich durch Tiefgaragen direkt unter den Wohnbauten bewerkstelligt. Dadurch warendie Baukosten erheblich erhöht, während weniger Fußgänger im Viertel anzutreffen sind.
Baugruppen fürs Gemeinwohl
Eine Besonderheit der Tübinger Entwicklungsgebiete ist die Vergabe des Baurechts an „Baugruppen“. Künftige Bewohner schließen sich zu Gruppen zusammen und bewerben sich mit einem Konzept um einen Bauplatz. Die Stadt wählt aus den Konzepten aus und legt dabei Hauptaugenmerk auf den Nutzen für den ganzen Stadtteil, ganz nach dem Motto „was bringt Eure Baugruppe den anderen BewohnerInnen?“ Dadurch kommt es zu innovativen Wohnungskonzepten und Gewerbeflächen, zugut durchmischten, lebendigen Stadtteilen. Dieses Modell wäre in Österreich rechtlich nicht so leicht möglich, ein Bauträger-Wettbewerb unter demselben Motto jedoch schon!
Anschließend ging es mit dem Bus nach Basel, wo die Gruppe gemeinsam speiste, durch die Stadt flanierte und sich über das Gesehene austauschte. Erste kleine Differenzen zwischen dem Masterplan der Stadt und den Ideen des Stifts traten zutage. Über grundsätzliche Fragen wie die Autofreiheit im Stadtteil ist man sich aber einig, lediglich bei Art und Lage der Parkmöglichkeiten gibt es noch Verhandlungsbedarf.
Erlenmatt glänzt weniger
Am Freitag führte Philipp Cabane (Basler & Teil der Planungsgruppe für das Klosterneuburger Pionierviertel) durch Basel und zeigte mit dem Entwicklungsgebiet Erlenmatt auch ein Negativbeispiel für Stadtentwicklung. Die Baufelder seien dort deutlich zu groß geraten, was zu einer monotonen, fußgeherunfreundlichen Atmosphäre führt. (siehe Bilder) Auch hier waren sich alle einig: so möchten wir unser Pionierviertel nicht gestalten!
Hunziker Viertel – Innovativ und günstig
Bevor es mit dem Spätflug am Freitagabend von Zürich zurück nach Wien ging, besichtigte die Gruppe das frisch entwickelte Zürcher „Hunziker Viertel“. Auf rund 5 Hektar Land (das Pionierviertel hat 12!) wurde inmitten eines Gewerbegebiets ein dichtes städtisches Quartier hochgezogen. Innovative und soziale Wohnformen mit relativ niedrigen Wohnungspreisen, gepaart mit spannender Architektur, zeigten ein lebhaft durchmischtes Stadtviertel. Ein ganzer Komplex wurde dabei nur für „Erwachsenen-WGs“ vorgesehen, eine angesichts der vielen Single Haushalte zukunftsträchtige Wohnform. Elegante Kleinstwohnungen sind hierbei mit großzügigen Gemeinschaftsflächen kombiniert. Neben dem Areal befindet sich eine Schule – mit rundumgehenden Verglasung ein architektonisches Schmuckstück. Die Schüler beleben das Gebäude, ein Gewinn, den wir im Pionierviertel auch erwarten!
Nach zwei höchst intensiven Tagen hatte jeder in der Gruppe eine konkrete Vorstellung, wie gelungene moderne Stadtviertelarchitektur aussehen kann. Angesichts der bevorstehenden Verhandlungen mit dem Stift als Eigentümer von gut zwei Drittel des Klosterneuburger Grundes könnte sich diese gemeinsame Exkursion als goldrichtig herausstellen! „Diese zukunftsweisenden Stadtviertel mit eigenen Augen gesehen zu haben, die Atmosphäre zu erleben, ist unersetzlich. Für uns, die wir für die Wahrung der Projektidee über die kommenden Jahre einstehen, ist diese persönliche Erfahrung als Ankerpunkt enorm wichtig!“ zeigt sich Kehrer begeistert. „Leider sind von politischer Seite nur Vertreter von ÖVP, neos und PUK dabei gewesen. Das ist angesichts der Wichtigkeit und Größe dieses umweltfreundlichen, zukunftsweisenden Projekts schade.“
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