Flucht in Vision statt Hausaufgaben erledigen
Der Verein „Stadtmarketing & Tourismus Klosterneuburg“ ist nahezu in jeder Gemeinderatssitzung Anlass für heftige kontroverse Diskussionen. Letztlich sollte eine Evaluation, mit der die Firma CIMA Beratung + Management GmbH beauftragt wurde, Klarheit darüber bringen, wie gut oder schlecht der Verein seine ihm übertragenen Aufgaben erfüllt, und wie ggf. eine Verbesserung erreicht werden kann. Das Ergebnis dieser Studie wurde dem zuständigen Ausschuss Finanzen, Wirtschaft und Sport im Herbst 2023 vorgelegt und – wie fast zu erwarten war – fiel dieses nicht sehr erfreulich aus. Der Bereich Tourismus schnitt noch halbwegs positiv ab, der Bereich Stadtmarketing ließ in der Einschätzung sowohl der Befragten als auch in der zusammenfassenden Beurteilung große Defizite erkennen.
Die Mitarbeiter:innen der Firma CIMA haben am Ende zwei Handlungsfelder definiert, die einen Weg aus der Misere aufzeigen:
- Unter Optimierung der operativen Rahmenbedingungen werden kurzfristig zu realisierende, sehr konkrete Maßnahmen aufgezählt wie beispielsweise das Akquirieren von Sponsoringgeldern und externen Förderungen, die Dotierung eines Weiterbildungsbudgets, Anpassung der Vereinshaftpflichtversicherung und einige Qualitätssicherungsmaßnahmen, die für ein Unternehmen dieser Ausrichtung heutzutage selbstverständlich sein sollten: verschriftliche Stellen- und Aufgabenbeschreibungen, ein Handbuch zur Regelung wesentlicher Abläufe und Schnittstellen, sowie Erarbeitung von Kriterien zur Erfolgsmessung.
- Als langfristigeres Ziel wird vage eine Optimierung der strategischen Leitlinien und Organisationsstrukturen empfohlen, die Aktivitäten zur „strategischen Weiterentwicklung des Klosterneuburger Stadt- & Tourismusmarketings“ zur Folge haben sollen. Diese werden wiederum in zwei Unterpunkte gegliedert, nämlich in
a) Entwicklung einer Standortstrategie für die nächsten 10 Jahre und in die
b) Umgründung des Vereins in eine GmbH. Letzterer Punkt was als Ergebnis absehbar, weil die Umwandlung der gesellschaftsrechtlichen Form von Verein zu GmbH schon lange diskutiert worden ist.
Was uns von der PUK nun erstaunt, ist, dass seitens der ÖVP mit großem Druck betrieben wurde, die Firma CIMA mit der Entwicklung der Standortstrategie zu beauftragen (Kosten € 35.000,-) …
- ohne die Ergebnisse der Evaluation im zuständigen Ausschuss oder gar öffentlich diskutiert zu haben,
- ohne die budgetären Konsequenzen dieses Schrittes in weiterer Folge erörtert zu haben (jährliches Zusatzbudget für Personal € 140.000,-, davon sollten € 70.000,- aus „kommunalen Zuschüssen“, sprich von der Stadtgemeinde, getragen werden)
- ohne auch nur ein Wort über die beabsichtigten oder bereits erfolgten Umsetzungen der in Pkt. 1 angeführten konkreten kurzfristigen Empfehlungen verloren zu haben.
Es steht zu befürchten, dass ein wesentlicher Teil der Ergebnisse der Evaluation einfach unter den Tisch gekehrt werden. Die eigentlich einfachen, dringendsten Reparaturen am zurecht kritisierten Konstrukt „Stadtmarketing & Tourismus Klosterneuburg“ in seiner aktuellen Form werden geflissentlich ignoriert, dafür wird fröhlich um € 35.000,- nach den Sternen gegriffen. Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen: wir finden es absolut sinnvoll und wichtig, langfristige strategische Prozesse für ein zukunftsorientiertes und nachhaltiges Tourismus + Stadtmarketing aufzusetzen, dies soll aber nicht übereilt und im Alleingang des Bürgermeisters oder Ressortleiters geschehen. Und vor allem, bitte, erst die naheliegenden „Hausaufgaben“ erledigen bevor der Bevölkerung eine 10-Jahres-Vision verkauft wird; auch wenn dies sehr praktisch erscheint, wo doch in einem Jahr gewählt wird und man ja bisher auf gute Erfahrungen zurückgreifen kann, was den Einsatz von letztlich nicht realisierten Visionen im Wahlkampf betrifft.
Wir von der PUK werden in den Gremien darauf achten, dass Strategieentwicklungen des Tourismus- und Stadtmarketings transparent und offen diskutiert werden, dass nicht schon im Vorfeld irreversible und kostenintensive Entscheidungen grundgelegt werden und dass sinnvolle Maßnahmen zur unmittelbaren Erhöhung der Performance so rasch wie möglich umgesetzt werden.