Was läuft beim neuen Wirtschaftshof grundlegend falsch? Die Vorgeschichte hier als Zusammenfassung:
https://www.noen.at/klosterneuburg/nach-firmen-pleite-klosterneuburgs-neuer-wirtschaftshof-verzoegert-sich-um-ein-jahr-445934800
Die PUK wollte in einer dringlichen Anfrage zum Gemeinderat am 22.11.2024 wissen, welche finanziellen Mehr-Aufwendungen aufgrund der Neuausschreibung (verursacht durch die Insolvenz des beauftragten Bauunternehmens als Totalunternehmer) entstanden sind.
Der Bürgermeister antwortet – allerdings nur unbefriedigend
Die dringliche Anfrage wurde vom Bürgermeister schriftlich in der nächsten GR Sitzung am 13.12.2024 beantwortet.
Als Hintergrundinformation:
Die Gemeinde hatte sich entschieden, bei der Vergabe der Planungs- und Bauleistungen ein Totalunternehmerverfahren zu wählen – trotz der Kritik an diesem Verfahren seitens der PUK. Dabei wird eine einzige Firma mit der gesamten Planung und der gesamten Ausführung beauftragt, also ohne Architekt:innen und weitere Fachplaner:innen als kontrollierende Instanz und auch ohne qualitätssichernde und kostensparende Ausschreibung von einzelnen Gewerken.
Es wurden Unternehmen eingeladen, ein Angebot abzugeben. Diese wurden von einer Jury – deren Zusammensetzung nicht hinterfragt werden konnte und die nicht den fachlichen Vorschlägen der Kammer der Ziviltechniker:innen entspricht – nach einem bestimmten Schlüssel bewertet (siehe Antwort, Punkt c), wobei der Preis 70% der Punkte für die Beurteilung ausmacht. Dieser Prozentsatz kann vom Auslober (also der Stadtgemeinde) frei festgelegt werden, in diesem Verfahren zählte also eindeutig überwiegend der Preis und nicht die Qualität.
In der Auslobung wurde zusätzlich festgelegt: sollte der beste Bieter die anderen wesentlich unterbieten, dann müsse nicht mehr mit den anderen Bietern verhandelt werden – was eine wesentliche Möglichkeit gewesen wäre, Qualitäten und Leistungen zu vergleichen.
Nachdem ein Bieter genau diese Bedingungen erfüllt hatte, wurde mit den zweit- und drittgereihten Anbietern gar nicht mehr verhandelt. Die Stadt hat sich also sofort und ohne Vergleich auf den vermeintlichen Besten (weil billigsten!) festgelegt.
Dieses Angebot lag um circa 30% unter den der anderen Bieter. (Hier fragt man sich mit normalem Menschenverstand: wie ist das eigentlich möglich, dass eine professionelle Firma andere professionelle Firmen um einen derart hohen Betrag unterbieten kann? Was würden Sie tun, wenn Sie ein Angebot bekommen, das preislich 30% unter dem der anderen Bieter liegt? Wären sie nur erfreut oder nicht doch auch ein bisschen vorsichtig?)
Nicht lange nach dem Zuschlag die Hiobsbotschaft: der Billigstbieter – eine Firma aus Linz – ist in Konkurs!
Das hieß: zurück an den Start und Neuauflage des Verfahrens!
Problem 1: Zeitverzögerung um circa ein Jahr (was für das Folgeprojekt – den Neubau der Rotkreuzzentrale am Platz des alten Wirtschaftshofes – entsprechende Konsequenzen bedeutet).
Problem 2: Zusatzkosten. Diese werden in Antwort a) nur zum Teil aufgelistet: 78.740 Euro. Nicht aufgeschlüsselt werden die internen Kosten der Verwaltung durch diese neuerlichen (Ausschreibungs- und Vergabe-)Arbeiten.
Weiters hatte die Stadtgemeinde vertragsgemäß bereits 543.166,20 Euro an die Firma aus Linz überwiesen – vor der Firmenpleite. Dafür wurde nur ein Teil der Leistungen erbracht: nämlich 60% der Kosten des Abbruchs. Und nach Aussage der Gemeinde zirka 85% der Planungsleistungen – das ist eine Schätzung, die deswegen verwunderlich ist, weil im Zuge eines Bauvorhabens immer neue Planungen notwendig sind. Wieso daher jetzt schon 85% der Planungsleistungen? Zusätzlich stellt sich die Frage, was mit diesen, schon bezahlten Planungen geschieht: können die Planungen von einem neuen Auftragnehmer (vermutlich wieder ein Totalunternehmer) überhaupt verwendet werden? Wie geht der Transfer dieser Leistungen von der in Konkurs befindlichen Firma zu einer neuen Firma? Wenn der Transfer nicht möglich ist, dann ist dieser Posten entgegen der Antwort des Bürgermeisters ein Totalverlust.
Was im Antwortschreiben des Bürgermeisters auch nicht gesagt wurde: für die restlichen 40% der Abbrucharbeiten musste die Stadtgemeinde in Vorlage treten (siehe Antwort zu Frage f), damit der Abbruch vollendet werden konnte. Dafür wurde per Stadtratsbeschluss (eilig über einen Dringlichkeitsantrag Mitte Oktober 2024) die Firma Prajo beauftragt. Nach unseren Informationen geschah das mit einem Betrag von 98.750 Euro exkl. USt., bei denen noch nicht sicher ist, ob er aus der Konkursmasse des ersten Auftragsnehmers zurückgewonnen werden kann. Normalerweise ist in so einem Verfahren nur mit einer prozentuellen Quote von 20% bis 30% zu rechnen.
Daher ist die Antwort auf die Frage g) auch nach der Beantwortung der Frage a) durch den Bürgermeister selbst und den weiteren Ausführungen in diesem Kommentar prinzipiell zu hinterfragen.
Die Beantwortung unserer Anfrage durch den Bürgermeister ist aus Sicht der PUK zumindest unvollständig und vermutlich irreführend ausgefallen.
Hier geht es zum Original der Dringlichen Anfragebeantwortung der PUK:
38. Sitzung – 13.12.2024 _ DA_PUK_Kosten_neuer_Wirtschaftshof
Was hat die Presse dazu schon berichtet: https://www.noen.at/klosterneuburg/nach-firmen-pleite-klosterneuburgs-neuer-wirtschaftshof-verzoegert-sich-um-ein-jahr-445934800