Euro Spar in Weidling: Pro und Contra einer zentralen Stadtplanung
Das letzte Amtsblatt von Klosterneuburg hat das Bauprojekt Eurospar in der Weidlinger Straße bereits in den höchsten Tönen gelobt. Aber erst drei Tage später diskutiert der Gemeinderat den entsprechenden Raumordnungsvertrag im Detail. Und dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit, denn angeblich obliegt alles dem Amtsgeheimnis! Zu Beginn gab es den Versuch, wichtige Überlegungen der PUK dazu doch noch in den öffentlichen Teil zu verschieben, dies wurde jedoch vom Bürgermeister Kaufmann nicht angenommen. Seine Erklärung dazu im Stream (ab Minute 2 nachzuhören):
https://www.youtube.com/watch?v=j5gLvNwBdeg
Die PUK hat sich im Planungsprozess mit umwelt- und verkehrspolitischen Anliegen seit dem Jänner 2022 eingebracht. Und jetzt evaluieren wir das vorliegende Bauprojekt im Detail. Unverständlicherweise hatte der Verkehrsausschuss des Gemeinderats nicht die Möglichkeit, die verkehrstechnischen Konsequenzen für die Weidlinger Straße durch das Großprojekt Eurospar zu beraten. Das kritisiert der zuständige Stadtrat Hehberger sehr.
Pro:
- Die PUK spricht sich klar für eine Nahversorgung in zentraler Lage (Bauland Kerngebiet) aus. Der geplante Eurospar in der Weidlingerstraße kann sicher, rasch und fußläufig oder mit Fahrrad erreicht werden. Ganz im Gegensatz zu den Einkaufszentren am Siedlungsrand, wie in der Schüttau, wo Einkaufen ohne PKW sehr mühsam ist.
- Gut finden wir auch die kompakte Bauform mit zwei Stockwerken, wie wir es im Zuge der Stadtplanungsdiskussion gefordert haben. So wird Raum für eine Kinderkrippe, Co-Working Büros sowie Arztpraxen geschaffen und der Eurospar kein typischer einstöckiger Glas-Einkaufs-Palast.
- Gebot der Stunde sind die Vorgaben im Raumordnungsvertrag, dass der Bau nach möglichst ökologischen Gesichtspunkten zu erfolgen hat: ein Gründach mit erneuerbarer Energie (PV) Nutzung, Fahrradabstellanlagen, Bäume im Vorbereich sowie Aufenthaltsumgebung, die zum Verweilen einladen und Hitze abschirmen.
Contra:
Folgende Kritikpunkte bzw. Verbesserungsvorschläge haben wir unter Ausschluss der Öffentlichkeit – so viel zur „Transparente Gemeinde“ Klosterneuburg!! – in die Gemeinderatsdiskussion eingebracht:
- Die geplante zusätzliche Tiefgaragenausfahrt in die Bertholdgasse wird dort unweigerlich zu zusätzlichem Autoverkehr führen.
- Wir verweisen darauf, dass dieses Bauprojekt mit seinen neuen Parkplätzen im Wiederspruch zu den Grundsätzen des STEK steht, nämlich dass Klosterneuburg den Verkehr auf nachhaltige Mobilitätsformen zu verlagern hat. https://www.meinbezirk.at/klosterneuburg/c-lokales/der-stek-leitsatz-nummer-fuenf_a5946622
- Wir von der PUK fragen uns, ob so viel Parkfläche (46 Stellplätze im Freien und 100 Parkplätze in der Tiefgarage) überhaupt noch zeitgemäß ist, auch wenn eine weitere Parkoption in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Weidling nutzbringend ist, wenn diese als tatsächliche P&R Parkplätze genutzt werden können. Unserer Meinung wurde aber hier über das Ziel geschossen.
- Sehr kritisch sehen wir die Aufweitung der Weidlingerstraße auf 3 Fahrspuren, nämlich eine neue Links-Abbiegespur vom Bahnhof Weidling kommend. Diese ist wohl den 146 neuen Parkplätzen (davon 100 in der Tiefgarage) geschuldet. Wir hinterfragen die verkehrstechnische Notwendigkeit, da in Stoßzeiten aus Fahrtrichtung Kreisverkehr nicht so viele Zufahrten zum Spar zu erwarten sind, die eine Abbiegespur rechtfertigt. Vielmehr ist unklar, wie die Autos die Parkplätze wieder in Richtung Weidling verlassen können.
- Für Fahrradfahrer:innen wiederum wurde der Lückenschluss, um sicher zwischen Weidlingtal-Radroute und dem Radweg beim Bahnhof Weidling fahren zu können, vollkommen vergessen. Für uns ist es vollkommen unverständlich, dass bei der Straßenneugestaltung die Fahrradanbindung nicht mitgedacht wurde und dies in den Verhandlungen mit dem Spar offensichtlich nicht von den leitenden Beamten und dem Verhandlungsleiter des Stadtplanungsausschusses angesprochen wurde.
- Die Fußgängerquerung auf der Weidlingerstraße soll weg vom „natürlichen“ Kreuzungsbereich im Bereich der Bertholdgasse weiter Richtung Weidling Bahnhof in die Mitte des Sparmarktes verlegt werden, wo die Autos in den Sparmarkt einfahren werden. Da bedarf es Begleitmaßnahmen auf der Landesstraße L116 und wohl auch einen zweiten Schutzweg oder einer Begegnungszone zum Straßenseitenwechsel auf der künftig 3-spurigen Weidlingerstraße. Diese verkehrspolitischen Maßnahmen sind zu diskutieren und nachzuverhandeln.
- Der Raumordnungsvertrag legt nicht fest, dass die 46 oberirdischen Parkplätze durch eine PV Anlage oder zumindest durch z.B. begrünte Pergola zu beschatten sind. Weiters wurden z.B. keine versickerungsoffenen Oberflächen festgelegt. Zeitgemäß und ökologisch ist diese Planung nicht.
- Im Raumordnungsvertrag nicht geregelt und daher ungeklärt ist, wie die Park & Ride Nutzung ausgestaltet sein wird. Werden die 60 P&R Plätze in der Tiefgarage mit gültigem Öffi-Ticket gratis sein? Der Parkraum soll zur „Bewirtschaftung“ an einen Garagenbetreiber vergeben werden. Das klingt eher nach Parkhaus. Zu befürchten ist, dass ohne Vorgaben sich der „Flop“ der P&R Garage APCOA in der Hundskehle wiederholt und Pendler:innen das Nachsehen haben.
Nachdem es weder im Verkehrsausschuss noch im Gemeinderat dazu gegeben eine breite Diskussion gab, bleibt die einzige noch offene Einbindung der Öffentlichkeit durch Stellungnahme der Bevölkerung in der derzeit laufenden Auflage 01/2024 zur Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Vom 3.4 bis zum 15.5.2024 kann Planeinsicht genommen und schriftliche Stellungnahmen können abgegeben werden. Diese müssen verpflichtend behandelt und beantwortet werden:
https://www.klosterneuburg.at/de/Aenderung_Flaechenwidmungs-_Bebauungsplan_01_2024_2
Seite 42 und Punkt 2.9
https://www.meinbezirk.at/klosterneuburg/c-lokales/der-stek-leitsatz-nummer-fuenf_a5946622
