Wir haben für euch den aktuellen 100seitigen Rechnungshofbericht zusammengefasst, großteils Auszüge aus demselben. Die Buchstaben und Zahlen in Klammern referenzieren auf Absätze im Bericht. Ganz unten haben wir ein längeres Statement von Bürgermeister Schmuckenschlager eingefügt, eine Abschrift vom letzten Gemeinderat vom 16.5.2018, wo er sich zu seiner politischen Verantwortung mit den Worten geäußert hat, das seien
„übliche Probleme bei Großprojekten.“
Anmerkung: Die im Rechnungshof offenbarten Mängel werden derzeit unter der neuen Geschäftsführung aufgearbeitet. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese unzumutbare Verschwendung von Steuergeldern nicht mehr thematisiert werden darf und soll!
Kostenüberschreitung 4,26 Mio EUR
Die Grundlagen der Stadtgemeinde zur Sanierungsentscheidung (Masterplan und Vorentwurfsplanung samt Kostenschätzung) waren nicht baureif. Sie führten daher zu zahlreichen Ausführungsänderungen und zu einer Erhöhung des Finanzrahmens von 14,00 Mio. EUR auf 15,18 Mio. EUR. Unter Berücksichtigung von Mehrkosten, weggefallenen Bauleistungen, verminderter Ausführungsqualität und Inanspruchnahme der Reserve ergab sich jedoch eine Kostenüberschreitung von 4,26 Mio. EUR bzw. rd. 30 %. (TZ 10, TZ 11, TZ 12)
Schmutzwasserkanal auch als Kabelschacht verwendet
Bei Begehungen fand der RH eine Anlage vor, die teilweise unvollendet und mit gravierenden Mängeln behaftet war. Die Liste der noch nicht behobenen Mängel umfasste im März 2017, über ein Jahr nach Abschluss des Projekts, mehr als 100 Punkte. Weder die Geschäftsführung noch der Generalplaner konnten eine Strategie samt Zeitplan für deren Behebung vorlegen. Beispielsweise wurden die Putzschächte des Schmutzwasserkanals, wie folgende Abbildung zeigt, gleichzeitig als Kabelzugschächte verwendet und enthielten Klemmdosen und mangelhaft verschlossene Durchführungen durch die Schachtwand.
Neue Geländer rosten
Neu erstellte Niro–Geländer wiesen massive Korrosionsschäden (Rostflecken) auf, deren Entstehung durch die niedrige Materialqualität und die fehlende Entfeuchtung — infolge bislang unterbliebener Inbetriebnahme der über 420.000 EUR teuren Wärmepumpen — begünstigt war. Der RH kritisierte, dass im März 2017 und damit nur zwei Jahre nach der Wiederinbetriebnahme des Bades für alle Besucherinnen und Besucher diese deutlich sichtbare Korrosionsschäden an Niro–Teilen weiter bestanden und dass weder die Geschäftsführung noch der Generalplaner bisher geeignete Schritte zu deren Behebung gesetzt hatten. Er verwies auf die diesbezügliche mediale Kritik und auf die negativen Auswirkungen auf die Reputation der Freizeitanlage Happyland.
Lüftung funktioniert nicht
Die Lüftung in der Mehrzweckhalle war für die bescheidmäßig zugelassene Besucherzahl unterdimensioniert. Bei der Kälteanlage des Eislaufplatzes führte der ersatzlose Abbau der Wärmetauscher zum weitgehenden Verlust der Abwärmenutzung für das Bad, zu weiterem Investitionsbedarf (Kühleinheit 35.000 EUR) und zu einem künftigen zusätzlichen Energieverbrauch.
400 000 EUR teure Wärmepumpe nie in Betrieb
Eine Präsentation des Bürgermeisters vom November 2014 („Happyland 2016“) enthielt auch ein vom Fachplaner definiertes Einsparungsziel für Fernwärme im Happyland: Durch den Einbau von Wärmepumpen (Investitionskosten 420.000 EUR) im Rahmen der Lüftungserneuerung sollten der Jahresverbrauch um 1.700 MWh vermindert und pro Jahr 109.000 EUR eingespart werden. Mehr als zwei Jahre nach Wiedereröfnung des Bades waren die zwei Wärmepumpen noch nicht in Betrieb, obwohl sie Gegenstand einer positiven Bauabnahme durch die Örtliche Bauaufsicht (TZ 6) vom Dezember 2015 waren.
Vergaben nicht gesetzeskonform
Der RH kritisierte die nicht mit dem Bundesvergabegesetz 2006 konformen Direktvergaben und insbesondere die Teilung der Aufträge. Die Auftraggeberin begab sich damit der Möglichkeit, durch die Ausschöpfung des Marktpotenzials in einem förmlichen Vergabeverfahren die wirtschaftlich beste Lösung zu finden. Neuerlich verwies der RH auch kritisch auf die Untätigkeit des Baubeirats.
Geschäftsführer ohne nötige Erfahrung, erhalt dafür Gehaltserhöhung
Der zum Projektleiter bestellte Geschäftsführer der Sportstätten GmbH Stefan Konvicka verfügte weder über eine bauspezifische Ausbildung noch über Erfahrungen mit vergleichbaren Bauprojekten. Der RH kritisierte, dass der Geschäftsführer entgegen den Vorgaben seines Anstellungsvertrags in drei Gesellschaften als Geschäftsführer bestellt und zusätzlich bis Mai 2012 an einem potenziellen Konkurrenzunternehmen beteiligt war. Er kritisierte, dass die Stadtgemeinde Klosterneuburg als Mehrheitseigentümerin diesen Zustand duldete. Der RH kritisierte weiters, dass die Höhe des dem Geschäftsführer im Zeitraum Dezember 2011 bis Juni 2015 gewährten Entgelts dem Anstellungsvertrag widersprach (in Summe um 15.445,60).
Generalplaner beaufsichtigte nicht
Der Generalplaner nahm die Örtliche Bauaufsicht nicht ausreichend wahr. Die Kontrollorgane (Begleitende Kontrolle, Baubeirat und Beirat der Sportstätten GmbH), die sich im Wesentlichen aus Mitgliedern des Stadtrats und Mitarbeitern der Stadtgemeinde zusammensetzten, blieben unwirksam. Anstatt des Generalplaners war nach der Auftragserteilung dessen Stellvertreter tätig. Infolge auftretender Probleme schied der Stellvertreter aus und es übernahm eine Mitarbeiterin des Stellvertreters seine Aufgabe, obwohl sie keine vergleichbare Qualifikation besaß. Die Geschäfstführung des Happyland akzeptierte den Austausch, ohne einen adäquaten Ersatz einzufordern.
Bürgermeister billigt, dass kontrollierende Beamte geschast werden
Die Begleitende Kontrolle der Stadtgemeinde hielt ab Ende Oktober 2013 bis August 2015 wöchentliche bzw. zweiwöchentliche Besprechungen mit Projektleitung, Projektsteuerung und Generalplaner ab. Nach rund eineinhalb Jahren (ab März 2015) unterblieb die Dokumentation der Sitzungen, nach August 2015 beschränkte sich die Tätigkeit der Begleitenden Kontrolle auf Einzelgespräche. Im September 2015 zog sich ein Mitglied ersatzlos zurück. Laut Angaben zweier Mitglieder der Gemeinde seien sie zwar anfangs in Planungsgespräche, aber nicht in technische Entscheidungen und in Details der Ausführung eingebunden gewesen. Nach Spannungen mit der Projektsteuerung seien sie vor Ort nicht mehr erwünscht gewesen und hätten sich auf Ersuchen der Geschäftsführung und mit Billigung des Bürgermeisters aus den Besprechungen zurückgezogen.
Beteiligte Beamte werden befördert
Der Gemeinderat gewährte zwei Mitgliedern für ihre zeitlich begrenzten Aufgaben im Rahmen der Begleitenden Kontrolle eine außerordentliche Vorrückung, da diese Tätigkeiten über den Aufgabenbereich der Stadtverwaltung hinausgingen.
GesmbH hält die vorgeschriebene Versammlung nicht ab
Die Organe nahmen ihre Aufgaben mangelhaft wahr: Zum Beispiel kam die Generalversammlung ihrer Beschlusspflicht bei außergewöhnlichen Geschäften nicht nach, die Geschäftsführung informierte den Beirat ungenügend, der Beirat erfüllte seine Überwachungspflicht nicht. (TZ 38, TZ 41, TZ 43) Obwohl die Sportstätten GmbH in zahlreichen Fällen als Bestandgeberin auftrat, hatte sie keine systematische Vertragsverwaltung eingerichtet. Daraus resultierten Mängel mit finanziellen Risiken für die Sportstätten GmbH, wie nur mündliche Vereinbarungen, unterlassene oder vertragswidrige Indexierungen (daraus entgangener Bestandzins: rd. 40.000 EUR) oder nicht umgesetzte Vertragspflichten. Auch schöpfte die Sportstätten GmbH das wirtschaftliche Potenzial vielfach nicht aus, indem sie z.B. für Nutzungen kein Entgelt verrechnete oder sich an Sponsoringeinnahmen nicht beteiligte. (TZ 44, TZ 45, TZ 46)
Auszahlungen ohne Überprüfung der Leistungen
Bei Vorlage der Schlussrechnung für das Gewerk Heizung–Klima–Lüfung–Sanitär im Juli 2016 waren nur für rd. 55 % der Leistungen bzw. für rd. 1,23 Mio. EUR Abrechnungsunterlagen vorhanden, für Leistungen im Umfang von rd. 984.000 EUR fehlten sie. Die Örtliche Bauaufsicht hatte auch die sechste bis zehnte Teilrechnung geprüft und Beträge von insgesamt rd. 750.000 EUR zur Anweisung freigegeben, obwohl das ausführende Unternehmen für diese Rechnungen keine Massenermitlungen vorgelegt hatte. Wie die Örtliche Bauaufsicht die Rechnungen sachlich und rechnerisch geprüft hatte, blieb somit offen.
Finanzielle Nachteile
Die Sportstätten GmbH erwirtschaftete jährliche Defizite von bis zu 560.000 EUR. Die Stadtgemeinde sicherte den Fortbestand und den Betrieb der Gesellschaft durch Zuwendungen (5,20 Mio. EUR im Zeitraum 2011 bis 2016) und plante bis 2021 weitere Ausgaben von 7,35 Mio. EUR. (TZ 33)
Barrierefreiheit vergessen
Eine durchgängig barrierefreie Gestaltung des Happyland war in der Planung vergessen worden. (TZ 15, TZ 16, TZ 20) Die Brandmeldeanlage befand sich noch im Probebetrieb, die Standleitung zur örtlichen Feuerwehr fehlte. (TZ 30, TZ 31)
Hintergrund:
Der RH überprüfe von Februar bis April 2017 die Stadtgemeinde Klosterneuburg und die in ihrem Mehrheitseigentum stehende Sportstätten Klosterneuburg GmbH. Ziel war eine Gebarungsüberprüfung im Zeitraum 2011 bis 2016. Das Sport– und Freizeitzentrum Happyland wurde in den Jahren 2014 bis 2016 — weitgehend bei laufendem Betrieb — umfassend saniert.
Link Download vollständiger Rechnungshof-Bericht
Hier nun das finale Statement von Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager im letzten Gemeinderat vom 16.5.2018, wo er sich zu seiner politischen Verantwortung zu diesem Desaster äußert:
„Überraschungen sind eingetreten“
Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager zu seiner politischen Verantwortung im Gemeinderat am 16.5 : (Live Video nachsehen Statement ab Std 2.49)
„Wir haben das Happyland im schlechten Zustand übernommen, wir haben dafür den Sportstättenbeirat gegründet. Das Informationsdefizit dort ist nicht zu leugnen. Das Happyland ist insgesamt besser geworden. Zwar hat der Umbau einen Mehrkostenanteil von 23 % gebracht, aber dabei sind wir keinen Euro über die vom Gemeinderat beschlossene Summe gegangen, das sind die üblichen Probleme die bei Großprojekten stattfinden. Weitere Ausgaben muss sich der Gemeinderat überlegen, ebenso weitere Maßnahmen wie Kommunalisierung. Aber der Bereich Freizeitwirtschaft wächst, viele neue Unternehmen siedeln sich um das Happyland an, da gibt es eine große Erfolgsgeschichte.
Geschäftsführer-Probleme
Mein Zugang zum Thema Geschäftsführer war, dass wir Probleme erkannt haben, aber während des Umbaus nicht alles wechseln konnten, das hätte größere Nachteile gebracht. Es lag mehr an denen, die unten die Hilfe hätten stellen sollen: die örtliche Bauaufsicht, der Generalplaner, die ist nicht so erfolgt, wie man es wollte. Es gab dann etliche Rundgänge, Veränderungen und Interventionen von Seiten der Politik.
Happyland sperren wäre besser gewesen
Es war wahrscheinlich ein Fehler, das Happyland nicht für 2 Jahre komplett zu sperren, dann hätte man den Bedarf gesehen. Die Umbauer hätten es leichter gehabt und wir hätten einen besseren Bestand gehabt, denn die Kostenschätzungen haben nicht gepasst.
Es gab zunächst Entwürfe von 19 Mio EUR. Die Kostenschätzung hätte präziser sein müssen, wir hätten gleich sagen sollen: es sind 18 Mio und so wäre man dahin gekommen.
Überraschungen sind eingetreten
23% Kostenüberschreitung sehe ich im unteren Schnitt mit anderen Gemeinden. Tulln ist ähnlich, Korneuburg und Graz waren drüber. Noch dazu haben wir nicht neu gebaut sondern renoviert, da sind Überraschungen nicht ausgeschlossen, die auch eingetreten sind.
Keine Strukturen
Zur Abwicklung: ich habe nicht versucht, in die operative Geschäftstätigkeit zu kommen, aber manchmal war es nicht anders möglich, weil es sehr viel Handlungsbedarf. Es gab also Punkte, die man hätte anders machen können. Ich hab darauf eingewirkt dass man sich den Rechnungshof als beratendes Gremium zur Seite nimmt. Es war unglaublich aufschlussreich, aber mühsam, weil die Abwicklung ja weiterging. Der Rechnungshof kam zu einem Zeitpunkt, als der Bau noch nicht abgeschlossen war. Wir hatten organisatorisch nicht die Strukturen, die es zur Steuerung gebraucht hätte.
Bessere Steuerungsmethoden und Modernisierung nötig
Der erste Schritt ist nun der neue Geschäftsführer-Vertrag. Der ist recht gut, da sehe ich die Hauptthemen, das ist mein persönliches Resümee. Wir brauchen bessere Steuerungsmethoden. Der Betrieb war organisatorisch nicht modern aufgestellt. Das ist ein unglaublicher Apparat, der 7/24 läuft. Ich brauche Steuerungselemente, sonst geht es nicht. Der Beirat sollte breit politisch aufgestellt sein. Ich sehe eine Kommunalisierung kritisch.“