Kierlingbach_2024-09-15
25. September 2024 | , ,

Geht richtiger Hochwasserschutz anders?

Bei der ersten Gemeinderatssitzung im Herbst 2024 bzw. der ersten nach den Hochwasserereignissen von Mitte September 2024 gab es eine Präsentation der vorläufigen Datenauswertung zu den Abflussverhältnissen am Kierlingbach, Weidlingbach und beim Hochwasserrückhaltebecken Marbach (sh. Praesentation_Gemeinderat_2024-09-24 und Video zur 35. Gemeinderatssitzung ab 2:10 h). An einer detaillierten Auswertung der Daten wird in den nächsten Wochen gearbeitet.

Die Experten haben folgende erste Schlüsse anhand der derzeitigen Datenauswertung gezogen, aus denen wir unmittelbaren Handlungsbedarf ableiten können:

  • Der vorhandene Stauraum des Rückhaltebeckens Marbach musste fast nicht genutzt werden: trotz des Jahrhundert-Starkregenereignisses trat im Einzugsgebiet des Marbaches nur ein 10-jährlicher Abfluss auf (max. 6,1 m³/s)
  • Dadurch musste nichts gedrosselt werden. Die Drosselung springt erst ab einem höheren Abfluss von 6,9 m³/s bzw. höheren Einstau von > 1,6 m an, siehe dazu Grafik 1
  • Durch das Rückhaltebecken Marbach konnte allerdings Schwemmholz zurückgehalten werden.
  • Der Wald und versickerungsfähige Flächen sind ein hervorragender Regenwasserspeicher und der beste Garant für eine Verminderung der Abflussspitzen.
  • Die massiven Zuflüsse stammen somit nicht im großen Umfang aus dem Oberlauf des Marbaches (und vermutlich nicht aus den Oberläufen des Rambachs, Lourdesbachs und Haselbachs) sondern kamen weiter unten aus seitlichen Einträgen sowie aus Einträgen entlang des Kierling- und Weildingbaches dazu.
  • Ein Auffangbecken in der Mitte des Baches (Stollhof oder Stegleiten) würde Spitzen im Bachlauf des Kierlingbaches deutlich besser auffangen.
  • Die Versiegelung durch Straßen und Siedlungsflächen sowie die an den Fluss heranrückende Bebauung durch die Flächenwidmung beschleunigen den Abfluss und vermindern die letzten vorhandenen Retentionsbereiche.
  • Durch die Klimaerwärmung treten die früher 100 jährlichen Extremereignisse nun schon fast alle 25 Jahre auf. (2002, 2013 und 2024)
  • Ein Großteil der Brücken entlang des Kierlingbaches sind auf Wassermengen von nur 17 m³/s ausgelegt. Es sind im Unterlauf allerdings bis 47 m³/s zusammengekommen.
  • 74 der über 100 Brücken am Kierlingbach sind zu nieder gebaut. Hier ist die Verklausungsgefahr ein großes Problem (wie auch der Kierlingbach im Frühsommer 2024 schon einmal aus dem Ufer getreten ist.)
  • Kleine Rückhaltebereiche (Regenwasserkammer) könnten das Wasser der Straßen puffern.
  • Wo die Probleme genau gelegen sind, von wo die Wassermassen genau gekommen sind, wird nun eruiert und ist Voraussetzung für zukünftige Anpassungsmaßnahmen
  • Klimaschutz und Adaption an Extremereignisse sind dringend notwendig: Wasser und Flüsse brauchen mehr Platz – vor allem entlang der siedlungsnahen Fließstrecken.
  • Überarbeitung des Raumordnungskonzeptes und der Bebauungspläne ist dringend erforderlich (vorausschauende Raumplanung, Schutz des Eigentums durch vorbeugende bauliche Maßnahmen) – in Kombination mit anderen Maßnahmen (z.B. Verminderung der Baulandausweisung im unmittelbaren Gefährdungsbereich, Regenwasserversickerung auf Eigengrund, Entsiegelung).
  • Auch eine Auswertung der Daten entlang des Weidlingbaches ist dringend notwendig.

Grafik 1

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