Buchberg
9. Januar 2025 | ,

40.000 LKW-Fahrten mit 200.000 m3 Aushubmaterial – die Natur zollt einen hohen Preis für den Ausbau des ISTA in Gugging

Eine neue und recht ungewöhnliche Großbaustelle zieht ihre Spuren gleich durch die drei Katastralgemeinden – Gugging, Kierling, Weidling – und sorgt für große Verwunderung und viele Nachfragen bei der PUK.

Spätestens seit Herbst 2024 war es gewiss: Das ISTA (Institute of Science and Technology Austria) in Gugging muss erweitert werden. Die maximale Ausbaustufe soll 2036 mit 150 Forschungsgruppen erreicht sein (derzeit hält man bei 80 Gruppen, also etwas über der Hälfte). Das bedeutet natürlich mehr Platzbedarf, und zwar sehr viel mehr Platzbedarf. Nun sind die gut geeigneten Bauflächen im ebenen Campus-Gelände schon alle verbaut und mit Beton und Asphalt versiegelt.

Daher geht das Land NÖ als größter (Steuer-)Geldgeber mit seinen Projektentwickler:innen neue Wege und errichtet ein über 8 Etagen (zu je 3 m Höhe ) reichendes, lt. Projektdarstellung „nachhaltiges“, Großgebäude an einem Platz, den bis dato ein Berghang besetzt hatte. Das abfallende Gelände wird zur Gänze abgegraben und der Bodenaushub an 3 Orten in der näheren Umgebung verfrachtet. Laut Bauunternehmen wird dabei rund 200.000 m³ reines Aushubmaterial anfallen, welches mit 40.000 LKW Fahrten zu je 40 Tonnen Gesamtlast zum Obern Steiner, Haschhof und in die Plöcking verführt wird.

Natürlich ist auch den Projektbetreiber:innen aufgefallen, dass diese massiven Eingriffe in die Natur und die gigantischen Verfrachtungen von Aushub nicht ganz an ohne natur- und umweltschutzbezogene Überlegungen passieren dürfen. Spannend ist jedoch der Standpunkt, von dem aus die Argumentation pro dieses Vorhaben geführt wird: Man stellt die Dimension und Art des Vorhabend in keinster Weise in Frage, sondern preist dessen Nachhaltigkeit und positive Auswirkung auf das Umfeld an (!). Das ganze Projekt sei im Sinne der „Kreislaufwirtschaftsstrategie des Bundesministeriums für Klimaschutz“ zu sehen, weil man z.B. den Aushub – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – nicht weiter weg führt, sondern im nahen Umkreis der Baustelle ablagert. Dazu werden sogar konkrete Zahlen an CO2-Emmissions-Ersparnis (sic) benannt, ohne die Emissionen auch nur ansatzweise zu erwähnen, die sehr wohl produziert werden. Ebenso wird behauptet, dass die Aushubmassen, die großteils in Natura 2000-Schutzgebieten gelagert werden, zur Verbesserung der Bewirtschaftung von bestehenden landwirtschaftlichen Flächen führen. Auch die Wasserabflussverhältnisse würden verbessert werden. – Wie bitte? Wenn das kein Paradebeispiel von green-washing ist?!

Ob da die „über die gesamte Verwertungsdauer“ beauftragte „Ökologische / Naturschutzfachliche Begleitung durch eine ökologische Bauaufsicht“ mehr sein kann als das berühmte Feigenblatt?

Mit den Ablagerungsarbeiten wurde nun in der Langen Gasse in der Nähe des Haschhofes begonnen. Die Auswirkungen sind schon jetzt, wo gerade mit den Arbeiten angefangen wurde, monströs und gewaltig (siehe Fotos). Die PUK stellt hier einige kritische Fragen in den Raum:

  1. Auf welcher faktenbezogenen Grundlage sind die Entscheidungen der ISTA für genau diese gewählte Gebäudeform, in den Bestandshang einzugraben, gefallen? Wurden Alternativen geprüft, die das Aushubmaterial minimiert hätten?
  2. Wie wurde dieser Projektablauf der betroffenen Bevölkerung von Gugging, Kierling und Weidling kommuniziert? – Wir vermuten: gar nicht. Aber glaubt die Stadtregierung bzw. die Projektverantwortlichen, diese Anzahl an Schwerfahrzeugen unbemerkt mitten durch die Katastralgemeinden schicken zu können?
  3. Wurden die Folgeschäden für Infrastruktur (Abgase, Lärm, Schäden am Straßen- und Wegenetz) und im Ökologiesystem (Bodenverdichtung, großflächige und langjährige Störung von gewachsenen Wald- und Wiesenflächen) wirklich von den Verantwortlichen bis zu Ende gedacht?
  4. Welches Gesamtvolumen an Verbauung wird noch notwendig sein, um die Endausbaustufe (150 Forschungsgruppen) zu erreichen? Welcher Hügel wird dafür noch dran glauben müssen? Oder etwas sachlicher gefragt: Gibt es dazu schon Pläne?
  5. Ist beabsichtigt, die Ergebnisse bzw. die laufende Dokumentation der beauftragten „Ökologischen/Naturschutzfachlichen Begleitung durch eine ökologische Bauaufsicht“ öffentlich zugänglich zu machen?

Abschließen wollen wir hier zwei Aspekte zur Diskussion stellen, die über das konkrete Bauprojekt hinausgehen:

  • Derartige Großvorhaben werden nicht in den Gremien des Gemeinderats abgehandelt und beschlossen. Das ist Sache der Baubehörde und im Falle von div. naturschutz- und gewerberechtlichen etc. Genehmigungen ist die BH involviert. Das entspricht der aktuellen Rechtslage, ist aber sicher nicht im Sinne einer modernen, bürgernahen Stadtverwaltung und -planung!
  • Seitens der PUK wollen wir klarstellen, dass wir das ISTA als absolute Bereicherung der Klosterneuburger Bildungs- und Forschungslandschaft sehen und auch den weiteren Ausbau positiv beurteilen. Aber: wie weit und bis zu welchem Preis wir für eine zeitgeistige, moderne Wissenschaft solch massive Eingriffe in die Umwelt in Kauf nehmen müssen, sollte gut überlegt, breit diskutiert und hinterfragt werden.

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