22. Februar 2015 |

Opposition zieht geschlossen aus Gemeinderat – „Gemeinderat kurz & bündig“

JoKehrerVon Johannes Kehrer.
Knapp ein Monat nach der Gemeinderatswahl fand am Freitag den 20. Februar die konstituierende Sitzung statt. Ab 17:00 sollten die neuen GemeinderätInnen angelobt, anschließend Bürgermeister, Stadträte und Ausschüsse gewählt bzw. festgesetzt werden. Vor fünf Jahren noch eine Formsache, war heuer schon im Vorfeld Widerstand aus der Opposition angekündigt worden. Gleich nach der Angelobung des neuen Gemeinderats stand für die Mandatare die Wahl zum Bürgermeister an. Von den 41 abgegebenen Stimmen entfielen „nur“ 27 auf den amtierenden Bürgermeister, eine Stimme erhielt STR Pitschko von der FPÖ (ohne für den Posten kandidiert zu haben), 13 Stimmen waren ungültig. Auf den ersten Blick bekam Schmuckenschlager also nur die Stimmen seines Bündnisses ÖVP-SPÖ-neos, oder gab es auch aus eigenen Kreisen Gegenstimmen?

Ein 14. Stadtrat – Postenbeschaffung der ÖVP?

Nächster Punkt der Tagesordnung war die Festlegung der Anzahl der Stadträte. In den Gesprächen nach der Wahl noch nicht erwähnt, beantragte die ÖVP 14 Stadtratsposten – auch nur möglich durch ein Aufrunden der errechneten maximalen Anzahl für Stadträte. Die Grünen, die schon vor der Wahl angekündigt hatten, aus Kostengründen die Anzahl der Stadträte auf 9 reduzuieren zu wollen, brachten einen dementsprechenden Gegenantrag ein. Johannes Kehrer, angehender Stadtrat der PUK, erklärte, die PUK könne einer Reduzierung auf 9 nicht zustimmen, da sie den zehnten Stadtrat stellen würde. Die 14 von der ÖVP vorgeschlagenen Posten wären aber auch klar abzulehnen, das wirke viel eher als Postenschaffung einer Partei, die Mandate verloren hatte. Dass just das Ressort von STR Wimmer (Grüne) aufgeteilt wurde und die Verantwortlichkeiten für Verwaltung und Organisation an einen neu geschaffenen Stadtratsposten wanderten, trübte die Optik weiter. Letztlich enthielt sich die PUK der Stimmen beim Grünen Gegenantrag, stimmte aber gegen die Festlegung auf 14 Stadträte, die vom Bündnis ÖVP-SPÖ-neos durchgesetzt wurde.

Ausschüsse zu klein – Stadträte auf ÖVP-Mandat

Nach der Wahl der Stadträte – eine Bestätigung der Vorschläge der einzelnen Fraktionen und somit Formsache – und der Wahl des Vizebürgermeisters (Richard Raz, ÖVP – 31 von 41 Stimmen) betraf ein weiterer Gegenantrag der Grünen, unterstützt von der PUK, die Größe der Ausschüsse. Laut Antrag der ÖVP und wie bisher üblich, sollen sich diese aus jeweils 6 Mandataren zusammensetzen, was für FPÖ und PUK jedoch bedeuten würde, dass der jeweilige Stadtrat als Ausschussvorsitzender auf einem Mandat der ÖVP „sitzen“ würde. Somit könnte die ÖVP diese Stadträte jederzeit wieder aus dem Ausschuss wählen, es bedürfe dafür lediglich einer parteiinternen Entscheidung der ÖVP. Zugegebenermaßen ist diese Gefahr in der Realität nicht vorhanden, demokratiepolitisch und formell jedoch unsauber. Der Antrag der Grünen sah eine Aufstockung auf 10 Mandatare pro Ausschuss vor, um jeder Stadtratsführenden Fraktion auch die Teilnahme in allen Ausschüssen zu ermöglichen – vom Regierungsbündnis wurde der Gegenantrag abgelehnt und die Aussschüsse auf 6 Mitglieder festgesetzt.

Regierungsbündnis ohne Skrupel – Opposition zieht geschlossen aus Gemeinderat aus

Das heikelste Thema stellte aber die Wahl der Ortsvorsteher dar. Ortsvorsteher sind direkt vom Bügermeister bestimmte MitbürgerInnen, laut Gemeindeordnung möglichst unter den Gemeinderatsmitgliedern zu bestimmen, die ihn als „verwaltungsunterstützendes Organ“ in den Katastralgemeinden unterstützen. Die ÖVP hatte vor der Wahl jedoch den BürgerInnen suggeriert, man könne mit Vorzugsstimmen im Rahmen der Gemeinderatswahl den Ortsvorsteher wählen, da er anschließend die KandidatInnen mit den meisten Vorzugstimmen bestellen würde. Wie auch vor der Wahl schon oft thematisiert, deklarierte die Opposition das geschlossen als Wählertäuschung.

ÖVP-Ortsvorsteher auf Vorzugsstimmen-Ticket

Einen besonders fragwürdigen Fall stellt hier der angehende Kierlinger Ortsvorsteher Johann Fanta (ÖVP) dar, der dank der zweitmeisten Vorzugstimmen aller KandidatInnen mit 343 Stimmen ein Direktmandat in den Gemeinderat erhielt, als einziger Kandidat abgesehen von Bürgermeister Schmuckenschlager! Kehrer stellte Johann Fanta die direkte Frage, „wofür er denn kandidiert habe, was er den Leuten denn gesagt hatte?“ Dieser antwortete, es sei mit dem Bürgermeister abgemacht gewesen, er „sammle möglichst viele Stimmen für die Partei für die Wahl (…) wird mit den meisten Vorzugstimmen in Kierling Ortsvorsteher“. Kehrer zeigte sich von der Äußerung bestürzt und ortete einen Missbrauch der Gemeinderatswahl. Die ÖVP Ortsvorsteher haben letztlich über 600 Vorzugsstimmen und somit ÖVP Stimmen für die Gemeinderatswahl gesammelt, ohne dass sie für ein Gemeinderatsmandat gewählt wurden – sie hatten sich ja als Kandidaten für die (nicht direkt wählbaren) Ortsvorsteher präsentiert.

Auszug aus Gemeinderat – neos sind ÖVP-treu

Die Debatte wurde hitzig, auch STR Pitschko (FPÖ) und GR Hofbauer (Liste Hofbauer) kritisierten dieses Vorgehen und diese Einstellung, dabei nichts Unrechtes zu sehen, aufs Schärfste. PUK, Grüne, FPÖ und Hofbauer wollten nicht Teil einer solchen, rechtlich höchst fragwürdigen und moralisch verwerflichen Entscheidung sein und verließen den Sitzungssaal vor der Abstimmung. Hätte noch ein weiterer Mandat den Saal verlassen, wäre die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen und der Antrag wiederholt behandelt werden müssen, jedoch kristallisierten sich die neos schon in der ersten Sitzung als vollwertiges Koalitionsmitglied heraus und stimmten – entgegen aller neos-Grundsätze von Transparenz, Demokratie und Verwaltungsreform – mit der Koalition. Gratulation!

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Empörte Oppositionsparteien, aus dem Gemeinderat ausgezogen, warten draußen
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