12. Dezember 2015 |

Ausgeschnapstes Budget – Johannes Kehrers Budgetrede


Hoher Gemeinderat, wertes Publikum,

Letztes Jahr habe ich noch – geradezu nostalgisch – meine fünfte und letzte Budgetrede als Liste SAU-Gemeinderat halten dürfen. Wenn Sie sich an diese Stellungnahmen der vergangenen Jahre zu den jeweiligen Budget-Voranschlägen erinnern, dann kennen Sie meine inhaltlichen Kritikpunkte bereits. Den Einnahmen aus der Sommeroper, und damit meine ich Besuchergeldeinnahmen sowie die stattliche Förderung des Landes Niederösterreich, die mit 525.000 Euro insgesamt nur um 15.000 Euro höher veranschlagt sind als im Vorjahr, stehen um knapp 50.000 Euro größere Ausgaben gegenüber. Dadurch steigt der Abgang einer Veranstaltung, die nach und nach zur Eigenwirtschaftlichkeit geführt werden sollte auf über 70.000 Euro, die die Stadt zu tragen hat.

Fördergelder ans ohnehin reiche Stift

Die Gewinnentnahmen aus Abwasser- und Müllentsorgung sowie Wasserversorgung betragen nunmehr 3,5 Millionen Euro, deren Rechtfertigung im vorliegenden Budget nicht nachvollziehbar sind. Förderungen werden weiter nach dem Gießkannenprinzip verteilt, wobei jeweils nur ein Bruchteil des angefragten Fördervolumens zugestanden wird, weil klare Bekenntnisse zum möglichst effizienten Mitteleinsatz nach wie vor fehlen. Ausgenommen natürlich das Stift Klosterneuburg. Obwohl alles andere als bedürftig wurde erst in der letzten Sitzung die Renovierung einer Friedhofskapelle beschlossen, und die gesamten 100% der beantragten Summe zugestanden. Eine Quote, die ein Sportverein mit nur ehrenamtlichen Mitarbeitern nie zu sehen bekommt.

Vereinsförderungen nicht mehr nach Gießkannenprinzip

Der erste kleine Schritt wurde heuer getan, Förderungsansuchen zu formalisieren, doch über einen Verteilungsschlüssel, eine Durchleuchtung der Förderanträge nach Nutzen für die Bevölkerung fehlt noch immer. Es gilt dabei einige Fragen zu klären und klare Rahmen festzulegen. Wie viel ist der Stadt der Breitensport wert? Wie viel Kulturvereine oder Museen et cetera? Weiterführend sollten Förderanträge eingestuft werden nach Aspekten der Breitenwirksamkeit, der Unverzichtbarkeit für die Stadt aber auch der Abhängigkeit der Antragsteller von diesen öffentlichen Geldern. Ganz zu schweigen von Aspekten der gleichen Wirksamkeit der Förderungen für weibliche und männliche Bevölkerung. Es gehören Richtlinien her, auf die man sich als Antragsteller verlassen kann und gleichzeitig sollte die Bevölkerung wissen, worauf die Politik bei Förderungen setzt. Eine Leopoldiweinkost, deren Ansprüche zu 100% bewilligt werden, obwohl es sich um eine professionelle, profitorientierte Veranstaltung im Rahmen des Leopoldimarktes handelt während Pfadfindergruppen und dergleichen mit weniger als der Hälfte Ihrer benötigten Förderungen auskommen müssen. Ist das, was wir wirklich wollen, was unsere Bevölkerung wirklich will?

Erstmals live dabei sein bei Budgetplanung

Wie schon gesagt, Sie alle kennen diese meine Kritikpunkte an dem seit Jahrzehnten fortgeschriebenen, konservierten Budget bereits Doch viel spannender als das bloße Kritisieren der Symptome ist das Aufzeigen der Ursachen und Liefern von Lösungen zu deren Behebung. Nun ist es dank des Wahlergebnisses dieses Jahres für die PUK, aber natürlich auch für mich persönlich das erste Mal, dass wir mit mir als Stadtrat und somit Mitglied der „Geschäftsführung“ unserer Stadt bei der Erstellung des Budgets involviert waren. Dementsprechend groß waren die Neugier, wie denn das wirklich abläuft und Erwartungen und Hoffnungen, vielleicht tatsächlich Änderungen erwirken zu können, nicht zuletzt in unserem Ressort, dem Verkehr. Ich hatte allerdings von Beginn an Karl Havas Worte im Ohr. Als klar war, dass ich mit dem Verkehrsressort betraut würde, hat er nämlich gleich in der ersten Reaktion und aus eigener Erfahrung gesagt „Gratuliere zum Verkehrsstadtrat Jo, aber pass auf. In dem Ressort lassen’s dich verhungern.“ Ich war also gewarnt.

Eine herbe Enttäuschung

Und ja, jetzt, nach dieser ersten Budgeterstellung als Stadtrat, nach den „Verhandlungen“ und mit dem Resultat in Händen, habe ich das Gefühl, man hat mich wirklich verhungern lassen. Aber ich habe auch viel gelernt, zum Beispiel ist mir jetzt klar, wie mein Vorgänger der ÖVP, Willi Eigner vor zwei Jahren erst am Tag der Budgetsitzung mitbekommen hat dass das Radwegebudget seines Ressorts halbiert worden war. Lassen Sie mich anhand eines Beispiels, das mir als Verkehrsstadtrat der PUK natürlich besonders nahe geht, aber letztlich symptomatisch für fast jeden gestrichenen Budgetposten ist, den Budgetierungsprozess kurz erläutern. Dieser Fall zeigt nur am eindrucksvollsten, wie selbst mit transparent und seriös erstellten sowie zielgerichteten Investitionsvorschlägen umgegangen wird.

Radwegebudget gut geplant

Zu Beginn erstellt die Beamtenschaft, in meinem Fall der großartige Ing. Klammer vom Verkehrsreferat, eine Liste aller aus seiner Sicht nötigen Investitionen, sei es die Instandhaltung von Straßen, das Budget für kurzfristige Bodenmarkierungen oder die beim Verkehrsverbund bestellten Öffi-Leistungen. Üblicherweise auch für das Radwegebudget, das in den vergangenen Jahren hauptsächlich aus veranschlagten Kosten für bestimmte Einzelmaßnahmen bestand. Letztes Jahr stand dieses Budget bei 110.000 Euro, die für den Radweg in der Leopoldsstraße – Jahr um Jahr verschoben und nun schlussendlich realisiert – vorgesehen waren. Doch ich wollte für dieses Jahr ein neuen Weg einschlagen, um möglichst sparsam und zielgerichtet veranschlagen zu können und doch das Maximum für die RadfahrerInnen herauszuholen.

Einbindung der BürgerInnen beim Radwegebudget

Im Frühjahr berief ich eine Strategiesitzung Radverkehr mit allen Ausschussmitgliedern, also das zuständige politische Fachgremium, und den Sprechern der Beradelungsgruppen des Forums Radverkehr ein. Gemeinsam wurde für die fünf Klosterneuburger Beradelungsgebiete ein Plan erstellt, der vorsieht, vorhandene Barrieren für AlltagsradlerInnen abzubauen. Jedes Jahr die Abarbeitung eines ganzen Gebiets statt verstreute Einzelmaßnahmen. Das war der Plan und auch seitens der ÖVP wurde dazu immer brav genickt und scheinbar mitgezogen. Für 2016 sollte das Martinsviertel dran sein. Die Befahrbarkeit der Martinstraße in beide Richtungen die Öffnung der Kautekgasse in beide Richtungen für RadlerInnen und Markierungen am Niedermarkt. Alle Maßnahmen zusammen um rund 70.000 Euro, insgesamt also deutlich weniger als das letztjährige Budget für den Radweg Leopoldsstraße.

Ominöse „Politische Liste“

Also nahmen wir diesen Posten in die Liste auf. Mit dieser Liste ging ich, unterstützt durch Ing. Klammer, in die Budgetverhandlung mit Finanzstadtrat Peter Mayer. Diese Verhandlung war aber zu meiner Überraschung nach einer Stunde vorbei, und das sagt schon alles. Die Liste wurde kurz durchbesprochen, alles was nicht als Fortschreibung des Vorjahres als gegeben angesehen wurde und darum fix zugesagt wurde, wurde dabei auf die sogenannte „politische Liste“ gesetzt. Das ist die Liste der Dinge, über die weiter diskutiert werden muss. Für das kommende Jahr unsinnige Posten wie in meinem Fall etwa die Schiffsanlegestelle wurden gleich gestrichen. Alles Interessante und Richtungsweisende kommt also auf die ominöse „politische Liste“.

Zwei ÖVPler schnapsen Budget für alle aus

Nach einer Stunde wurden die Ordner zugeklappt und ich wurde verabschiedet. Wann wir denn über die Sachen auf der politischen Liste weiterverhandeln würden habe ich dann gefragt. Achso, da setzen sich Bürgermeister und STR Mayer zu zweit zusammen und besprechen, welche Posten auf der politischen Liste gestrichen oder gekürzt würden, egal aus welchem Ressort. Die zuständigen Stadträte oder Ausschüsse seien dabei aber nicht mehr eingebunden. Da ist immerhin der Groschen gefallen, was Willi Eigners Fauxpas vor zwei Jahren angeht. Über das Budget seines Ressorts Bescheid zu wissen ist für den Verkehrsstadtrat also eine Holschuld.

Vor vollendete Tatsachen gestellt

Immerhin kam Peter Mayer – auf persönlicher Ebene schätze ich das sehr – am Rande des letzten Ausschusses zu mir, um mir auszurichten, dass das Radwegebudget auf unter 40.000 Euro gekürzt wurde, die Öffnung der Martinstraße würde man sich sparen. Die Schlüsselmaßnahme des Plans wurde also gestrichen, ohne ein Wort mit dem zuständigen politischen Fachgremium darüber zu reden, ohne einen Abgleich mit der gemeinsam erarbeiteten Strategie vorzunehmen. Ich war ehrlich gesagt völlig baff. Aber zugleich war das auch ein eindrucksvolles Zeichen für das Versagen des offenbar seit Jahrzehnten von der ÖVP kultivierten Systems der Budgeterstellung. Nirgendwo anders, in keinem Betrieb, würde man das so vorfinden.

Warum wurden die Zuständigen nicht gefragt?

Und dabei wäre eine transparente Vorgehensweise im Sinne der Demokratie in diesem Fall so einfach. Denn wenn ein Kürzungsbedarf für ein Ressort festgestellt wird, wenn der Finanzstadtrat sieht, das geht sich einfach nicht aus, wäre doch das einzig Logische, dass diese Rückmeldung zurück an den zuständigen Ausschuss geht. In diesem Fall wäre das gewesen: „Ihr müsst Euer Budget noch einmal um 30.000 Euro kürzen, bitte um Empfehlungen diesbezüglich!“ Der Ausschuss würde noch einmal tagen, würde sich auf einen Lösungsvorschlag einigen und diesen an den Finanzstadtrat zurückgeben, welcher ihn in sein Budget aufnehmen könnte. Somit würde der Ausschuss, das durch seine Mandatsverteilung demokratisch legitimierte politische Fachgremium, über solche Änderungen entscheiden. Der Finanzstadtrat hat zwar ein ausgeglichenes Budget zu erstellen, auf keinen Fall jedoch inhaltliche Eingriffe in anderen Ressorts zu tätigen.

Fragwürdiger Ankauf von Wohnungen

In diesem Jahr sind auch in anderen Ressorts große Entscheidungen getroffen worden. Wir PUK freuen uns zum Beispiel sehr und sind auch stolz auf den Beschluss des städtebaulichen Leitbilds für die Kasernengründe. Dem Ankauf der letzten Teilfläche durch die Stadt zu äußerst fragwürdigen Konditionen konnten wir nicht zustimmen und auch die Investitionen ins Happyland waren uns in diesem Ausmaß immer zu groß. Auch stellen wir das Erreichen von günstigen Startwohnungen durch Ankauf von Wohnungen infrage, wo doch anderswo bereits auf Wohnbauförderungen anstelle von Eigenanschaffungen gesetzt wird, um mit dem gleichen Mitteleinsatz noch mehr solcher Wohnungen für die Bevölkerung erwirken zu können.

Nein zu undemokratischem Budget

Oder wenn wir uns an die Wahl im Jänner erinnern: Da wurde die Zahl der Stadträte weiter erhöht, die Ortsvorsteher sitzen gegen die ausdrückliche Empfehlung der Gemeindeordnung noch immer nicht im Gemeinderat und das obwohl sie mit eigenen Wahlzetteln um Vorzugsstimmen geworben haben. Mindestens Johann Fanta mit seinem Direktmandat sollte weiter hier im Gemeinderat sitzen. Trotz allem sind nicht das die Gründe warum wir PUK-Mandatare diesem Budget nicht zustimmen können. Nein, der Grund ist ganz simpel: Der Gemeinderat besteht aus demokratisch gewählten 41 Mitgliedern aus 7 Fraktionen, keine davon mit absoluter Mehrheit – aber wenn das Budget unter zwei Leuten, ÖVP Stadtrat Mayer und ÖVP Bürgermeister Schmuckenschlager ausgeschnapst wird, ist das alles andere als demokratisch. So einem Budget können wir nach bestem Wissen und Gewissen unter keinen Umständen zustimmen.

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