Von Gemeinderätin Teresa Arrieta
Die PolitikerInnen und BürgerInnen von Klosterneuburg wollen ein permanentes Quartier, nun müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Ende April einigten sich alle Fraktionen (außer FPÖ) darauf, gemeinsam einen Gemeinderatsantrag zur Errichtung eines permanenten Flüchtlingsquartiers in Klosterneuburg einzubringen. Die Stimmung im Gemeinderat war von Optimismus und Elan getragen. Nun gilt es, Nägel mit Köpfen zu machen und das bedeutet: Wie viel Armut und Not lassen wir in Klosterneuburg an uns heran? Wie sehr wollen wir uns mit Menschen, die womöglich andere Lebensweisen haben, konfrontieren? Ist Klosterneuburg bereit, dafür auch Geld in die Hand zu nehmen?
Unklare Gesetzeslage
Die Flüchtlinge sollten die Kaserne Ende Mai verlassen. Fraglich ist, ob diese als Provisorium für Flüchtlinge weiterhin zur Verfügung stehen kann. Das Areal wurde nun vom Stift gekauft. Die Notverordnung, die den Aufenthalt der Flüchtlinge bisher ermöglichte, wird somit bald obsolet, und rein rechtlich ist ein weiterer Verbleib der Flüchtlinge eigentlich nicht möglich, die administrativen Wege nehmen Monate in Anspruch. Ob es nun eine Art Turboverfahren für eine „Wohnwidmung“ geben kann, ist unsicher. In einer aktuellen Presseaussendung teilt das Stift jedoch mit, man sei „mit Hochdruck dabei, ausführliche Gespräche mit allen relevanten Beteiligten zu führen”, man bemühe sich “um eine Lösung im Sinne der Flüchtlinge.” Die Stadt prüft derzeit, welche gesetzliche Handhabe besteht.
Flüchtlinge helfen Klosterneuburg
Doch was wird aus dem im Gemeinderat getroffenen gemeinsamen Grundsatzbeschluss für ein permanentes Quartier anstatt des Provisoriums Kaserne? Hunderte KlosterneuburgerInnen haben dafür bereits eine Petition unterzeichnet und es werden täglich mehr. Nebenbei bemerkt: Im letzten halben Jahr wurde nicht nur den Flüchtlingen geholfen, sondern auch der Bevölkerung von Klosterneuburg, denn das gemeinsame Hilfsprojekt hat viele engagierte Menschen vernetzt und zu einem neuen Miteinander geführt. Die positive mediale Berichterstattung wertet auch das Image der Stadt auf.
Der Bürgermeister plant eine „schöne neue“ Stadt
Trotzdem werden nun auch die Gegenstimmen lauter. Bürgermeister Schmuckenschlager spricht in der aktuellen NÖN von einer „schonungslosen Debatte”, die nun zu führen ist. Er möchte im Magdeburgareal einen hypermodernen Stadtteil umsetzen – haben Flüchtlinge dort keinen Platz? Immerhin hat sich der Klosterneuburger BürgerInnenrat im Rahmen des Planungsprozesses für einen sozial durchmischten Wohnraum ausgesprochen. Und hat Schmuckenschlager den auch von seiner Fraktion eingebrachten Antrag vergessen? Allerdings gibt er sich in einem ORF Beitrag (Sendung Orientierung Beitrag „Flüchtlingsunterkünfte“) dann deutlich freundlicher.
Politik in der Zwickmühle
Die Stadt wird jedenfalls Private dazu aufrufen, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen, darauf hat man sich nun als kleinster gemeinsamer Nenner einigen können. Doch es genügt nicht, sich so wie im letzten halben Jahr weiterhin und ausschließlich auf die humanitäre Gesinnung und unentgeltliche Mitarbeit der Bevölkerung zu stützen. Im überteuerten Wohngebiet Klosterneuburg muss nun Raum für hilfsbedürftige Menschen geschaffen werden – doch die Stadt besitzt offenbar keine geeignete Immobilie. Mietet sie etwas an, werden Unkenrufe von rechts folgen, mit der Frage, warum man Flüchtlingen gewährt, was der Bevölkerung vorbehalten bleibt – denn die KlosterneuburgerInnen leiden unter überhöhten Mieten. Hier heißt es Haltung bewahren und sich nicht im vorauseilendem Gehorsam vor der zu erwartenden Hetze aus dem rechten Eck ducken – vielleicht findet sich nach längerem Nachdenken und mit ausreichend politischem Willen doch noch etwas Geeignetes. Schließlich geht es um schutzbedürftige Menschen, die zumeist alles verloren und Unerträgliches durchgemacht haben, wie etwa jene syrische Mutter, deren Boot kenterte und die zusehen musste, wie drei ihrer vier Töchter ertranken (Bericht ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary).
Nur Zelte für Schutzbedürftige?
Trotzdem scheint es im reichen Österreich nicht möglich zu sein, Kriegsflüchtlinge in Wohnungen anstatt in Zelten unterzubringen. Was hat sich in den letzten Jahrzehnten hier in unseren Köpfen und Herzen verändert und warum? Zur Zeit des Jugoslawien-Krieges war es noch möglich – auch in Klosterneuburg. Damals hat Österreich um einige tausend Menschen mehr beherbergt als derzeit. Asyl für nach internationalem Recht als schutzbedürftig anerkannte Menschen ist ein Recht und keine Gnade. Österreich muss seine internationale Verpflichtung erfüllen – und Klosterneuburg soll seinen fairen Teil dazu beitragen. Die positiven Erfahrungen aus Klosterneuburg werden hoffentlich auch andere Gemeinden ermutigen, Flüchtlinge aufzunehmen; schließlich betreut bisher nur ein Viertel der österr. Gemeinden AsylwerberInnen. Erfreulich fällt auf, dass so manche/r BürgermeisterIn mehr Courage zeigt als Landes- und Bundespolitiker (ORF Bericht Alberschwende, Bezirksblätter Bürgermeister Bruck). Österreich braucht keine Zeltplanen, sondern mehr gelebte Menschlichkeit.