wahl
21. Februar 2025 | ,

Die Klosterneuburg Gemeinderatswahl wird gleich von zwei Parteien angefochten!

Nichtigkeit der Teilergebnisse und Wiederholung der Wahl in zwei Sprengeln (23 und 28 – beides Alters- bzw. Pflegeheime) wurde beantragt. Gesetzwidrige Vorgänge während des Wahlverfahrens sind der Vorwurf, damit könnte der mögliche Tatbestand des Amtsmissbrauches im Raum stehen. Mit dieser Meldung folgt wohl ein weiteres unrühmliches Kapitel in der Klosterneuburger-Politik- Geschichte. Wir von der PUK wollen die Hinter- und Beweggründe erklären und beleuchten.

Bevor wir aber näher auf die Hintergründe und generelle Problematik von Wahlabläufen eingehen, wollen wir kurz die faktischen Auswirkungen festhalten, die eine teilweise Wahlwiederholung in Klosterneuburg haben könnte. In den zwei fraglichen Sprengel waren gesamt 253 Personen wahlberechtigt, 86 Personen haben ihre Stimme abgegeben, wobei die Wahlbeteiligung in einer Einrichtung 25%, in der anderen 48% war. Interessanterweise können aber auch minimale Verschiebungen im Falle einer Wiederholung folgende Auswirkungen haben:

  • Nach der Stimmenauszählung am Wahlabend fehlen der SPÖ nur 4 (!) Stimmen auf ein weiteres Mandat, das von der ÖVP zu ihr wandern würde.
  • Ebenso liegen die NEOS denkbar knapp nur mit 2 (!) Stimmen vor der FPÖ. Hier würden sich bei einer Stimmenverschiebung zwar nicht die Mandate ändern, aber die FPÖ würde den NEOS den 3. Platz abspenstig machen.

Alle Detailergebnisse der Wahl sind hier nachzulesen:

https://www.klosterneuburg.at/de/Stadtgemeinde/Aktuelles/Wahlen_Volksbegehren/Gemeinderatswah

Die Ausübung von freien, geheimen und unabhängigen Wahlen ist ein Grundpfeiler in unserer Demokratie. Dieses Recht haben unsere Vorfahren erkämpft, erstritten und durchgesetzt. Doch unsere Gesellschaft hat sich verändert. Zum Glück werden wir immer älter und können den Lebensabend länger genießen. Betagte Menschen haben ebenfalls und ohne Diskussion das Recht, ihre Stimme abzugeben und Wahlen unter fairen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Wie die genannten fairen Bedingungen für eine Teilhabe dieser Altersgruppe zu schaffen und zu gewährleisten sind, ist die Aufgabe der Politik und der Verwaltung.

  • Mit der vor Jahren eingeführten Wahlkarte (mit allen damit möglichen Optionen) wurde für viele Wähler:innen eine Erleichterung geschaffen, Zugang zum Wählen zu finden.
  • Mit der Briefwahlkarte kann praktisch von Zuhause oder direkt im Rathaus, in der Regel vor dem eigentlichen Wahltag, aber auch bis zum Wahltag selbst, gewählt werden.

Diese Arten der Stimmabgabe sind nun schon längere Zeit in Österreich erfolgreich im Einsatz und tragen auf jeden Fall zur Steigerung der Wahlbeteiligung bei. Doch auch hier stecken die Hürden im Detail. Im Hinblick auf die älteren Staatsbürger:innen besteht z.B. schon die erste Hürde in der Notwendigkeit die Wahlkarte persönlich zu beantragen (was entweder Mobilität voraussetzt, oder Computeraffinität zum online-Beantragen, oder die Unterstützung durch Zu- oder Angehörige)
Somit ist unserer Meinung nach bei Wahlen besondere Aufmerksamkeit auf Senioren-, Alten- und Pflegeheime zu legen. Klosterneuburg hat mit seinen zwei großen Einrichtungen hier traditionell einen hohen Anteil (Barmherzige Brüder in Kritzendorf (Sprengel 23), Agnesheim und Pflegeheim St. Leopold der Caritas in Weidling). Insbesondere der Sprengel 23 ist betroffen. Die FPÖ und die SPÖ wollen via Wahlanfechtung klären lassen, ob “gesetzwidrige Vorgänge“ vorliegen und ausgeschlossen werden kann, dass das Wahlergebnis manipuliert werden konnte.
Was ist unbedingt notwendig und einzuhalten, dass auch in Senioren- und Alteneinrichtungen Wahlen korrekt und unantastbar gesetzeskonform abgehalten werden können? Ein Rückblick in die Zeit, wo noch im ehemaligen Marien-Heim an der Kierlingerstraße gewählt werden konnte, sei gestattet. Dort war ein Sprengel eingerichtet, der auch von den Heimbewohner:innen genutzt werden konnte. Jede und Jeder, die/der wählen wollte und dies auch selbstständig tun konnte, wählte ganz “normal” im abgetrennten und als Wahlsprengel eingerichteten Raum. Nicht mobile Bewohner:innen und bettlägerige Patient:innen wurden durch das Personal mit Rollstuhl oder dem Bett ins Wahllokal gebracht.
Welche Vorwürfe liegen nun bezüglich Nichteinhaltung von Regeln bei dieser GR Wahl 2025 vor? Liegt es am Personal, der Einschulung und den fehlenden klaren Aufträgen oder den zeitlichen- und organisatorischen Vorgaben?

Zu den Hintergründen und bekannten Problemen bei Wahlen:

Personal der Sprengel-Kommissionen als Grundübel, welches seit Jahren bekannt ist, aber keiner befriedigenden Lösung zugeführt wird:

Mitarbeiter:innen sind für die Sprengel-Kommissionen immer schwieriger zu finden. Einen ganzen Tag für die Arbeit in einem Sprengel zu opfern, ist für viele Bürger:innen einfach nicht mehr zeitgemäß oder die Anreize dafür zu gering. (50€ für min. 5,5 Std. oder 100€ für min. 9 Std.) Derzeit liegen die gesetzlichen Vorgaben für eine Sprengelwahlbehörde bei min. 8 Mitarbeiter:innen. Die Beisitzer:innen dürfen ausnahmslos nur von Parteien rekrutiert und entsendet werden. Eine Freiwilligen-Arbeit aus einem unabhängigen Personen-Pool ohne “Parteinennung”, was viele abschreckt, will/darf man nicht einführen. Hier geht mit Sicherheit ein ganz erheblicher Teil von willigem und fähigem Personal verloren. Hier sehen wir schon lange Handlungsbedarf. Die Gemeindeverwaltung sollte die Gesamtkoordination von Personal für die Sprengel Arbeit bei allen Wahlen übernehmen. Freiwillige Wahlhelfer:innen sollten sich bei dieser zentralen Stelle anmelden können. Die Parteien können ja weiter für Unterstützung werben. Viele unserer Unterstützer:innen wollen absolut nicht zwangsweise einer anderen Partei zugeordnet werden.
Mitarbeit in den Sprengeln gehört adäquat bezahlt, doch das derzeitige System ist nicht leistungs- und verantwortungsorientiert, sondern pauschaliert. Die Arbeit der Sprengelvorsitzenden, die eine verantwortungsvolle und herausfordernde Arbeit ist, wird nicht von den Hilfsdiensten unterschieden und honoriert. Vorbereitungsarbeiten vor Eröffnung des Wahllokals und die langwierige Übergabe im Rathaus nach Wahlende, sowie die Verantwortung vor Gerichten und bei möglichen Befragungen durch die Behörden bleiben unhonoriert.

Nächster andauernder Kritikpunkt ist, dass es bei jeder (wirklich JEDER!) Wahl zu – oft minimalen – Änderungen in der Abwicklung kommt. Einmal sind die Listen in der Niederschrift, bei der nächsten Wahl ist eine Tabelle als einzelner Zusatzzettel zu führen. Einmal gibt es verwirrende Lückentexte auszufüllen, dann ist wieder alles auf verschiedenen Spalten in der Niederschrift einzutragen. Selbst in den amtlichen Niederschriften (ein beweisführendes, amtliches Dokument) werden die grundlegenden, unterschiedlichen Wahlarten (Wahlkarte und Briefwahlkarte) nicht klar und deutlich getrennt behandelt. Mehrmals haben wir nach Wahlen das Feedback an die Stadtverwaltung von Klosterneuburg gesendet, dass die Schriftstücke wie die Niederschrift vereinfacht, gestrafft und viel klarer und übersichtlicher formuliert gehören. Doch bis jetzt gab es keine wesentlichen Verbesserungen und Erleichterungen in der Sprengelarbeit.

Sinnbefreite und absurd wirkende Zusatzaufgaben machen den Sprengelmitarbeiter:innen das Leben schwer. So soll z.B. der Inhalt einer komplett geschlossenen Kunststoffkiste samt Deckel vor der Übergabe im Rathaus in einen großen Bogen Packpapier gewickelt und versiegelt werden. Der angebliche Grund dafür ist, dass in der Zeit des Transportes vom Wahllokal zum Rathaus eine Manipulation der Wahlunterlagen passieren könnte. Dass schon längst der normale Papieraufwand (leere und ausgefüllte Stimmzettel, Briefwahlüberkuverts, Niederschrift, Abstimmungs- und Wählerverzeichnis samt weiteren Papieren) nicht mehr in die vorgegebene Transportkiste passt, bleibt bei den zuständigen Behörden ungehört. Es wird von Wahl zu Wahl mehr Papier…..

Einen weiteren Kritikpunkt möchten wir bei den Einschulungen der Sprengelmitarbeiter:innen anbringen. Es werden zwar kiloschwere Begleitdokumente ausgehändigt, es wird auf eine digitale Einweisung im Internet verwiesen, es gibt weitere Schulungstermine auf Bezirksebene … Dennoch mangelt es an der Praxistauglichkeit. Erschwerend kommt natürlich dazu, dass viele Detailfragen, die sich dann im Alltag in der Wahlkommission ergeben, vorab nicht erschöpfend geklärt werden können.

Und natürlich bedarf es auch auf Seiten der Menschen, die in einer Wahlkommission tätig sind, die Einsicht in die große Verantwortung, die sie an diesem Tag übernehmen, und damit einhergehend die Notwendigkeit, an den Schulungen teilzunehmen bzw. sich entsprechend vorzubereiten. Eine leider auch immer wieder anzutreffende “Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht-Mentalität” bei langjährigen Kommissionsmitgliedern ist für einen korrekten Wahlablauf fatal! – Die Mitglieder der Wahlkommissionen sind jedoch nicht verpflichtet, an Schulungen teilzunehmen. Hier eine höhere Compliance herzustellen, kann nur über ein – wie zuvor schon erwähnt – anderes System der Akquirierung, Motivation und ggf. Entlohnung der Wahlhelfer:innen erreicht werden.

Es gibt keine elektronischen oder digitalen Unterstützungsmöglichkeiten! Über diese Rückständigkeit beim Einsatz von elektronischen oder digitalen Helfern bei Wahlen kann man sich nur wundern. Digitale Ausweise der Wähler:innen können noch immer nicht im Wahllokal überprüft werden! Selbst bei vorgefertigten Listen ist die Behörde nicht in der Lage, laufende Nummern auf den Papierlisten schon im Vordruck zu berücksichtigen. Hier gibt es enormen Aufholbedarf in der Vorbereitung von Wahlen auf Seite der Behörden.

Konkrete Probleme im Zuge der Anfechtung in den beiden Klosterneuburger Sprengel: zu klärende Fragen werden sein:

Es wird spannend, wie die Landeswahlbehörde bzw. weitere damit befasste Stellen die folgenden zentralen Fragen beantworten werden:
Ist es legal, unter bestimmten Umständen tolerierbar bzw. sogar explizit vorgesehen, …

  • … dass Teile der Wahlkommission eines in einem Altersheim eingerichteten Wahlsprengels mit der Wahlurne durch die Zimmer der Bewohner:innen gehen und dort Wahlhandlungen vornehmen?
  • … dass sich die Sprengelwahlbehörde “teilt”, sprich, dass ein Teil mit der Urne durch die Zimmer geht und ein anderer Teil im als Wahlsprengel eingerichteten Raum bleibt, und Wahlhandlungen gleichzeitig an beiden Orten vorgenommen werden können? (Zusatzfrage: Wie ist die “Zwischenlagerung” der abgegebenen Stimmkuverts an dem Ort zu beurteilen, wo in der Zeit der “geteilten Kommission” keine Wahlurne vorhanden ist?)
  • … dass eine Wahlkommission in einem Altersheim zeitweise nur aus einer Person besteht und Wahlvorgänge abwickeln darf?

Zusammenfassend gesagt, ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die demografische Zusammensetzung unserer Gesellschaft in Richtung immer mehr ältere und auch sehr betagte Bürger:innen ändert, die Notwendigkeit, für diese einen adäquaten und praktikable Wahlablauf zu finden. Anweisungen zum Ablauf von Wahlen in solch sensiblen Sprengeln, wie Senioren- und Pflegeheime, gehören grundlegend überarbeitet. Hilfsmittel für die Mitarbeiter:innen in diesen Sprengeln gehören an die aktuellen Bedingungen angepasst.
Bei all der vorgebrachten Kritik ist die Politik aufgefordert, endlich die notwendigen Anpassungen vorzubereiten und zu beschließen!

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